Was bedeutet eigentlich „FORL“

Die Krankheitsbezeichnung „FORL“ ist eine Abkürzung einer Zahnhartsubstanz – auflösenden Erkrankung und leitet sich aus den folgenden Begriffen ab:

F    Feline = Familie der Katzen
O   Odontoklasten = Zellen, die Zahnhartsubstanz auflösen
R   Resorptiv =  Aufnahme und Abtransport von Körpergewebe
L   Läsionen    = Schäden

Die Ursache dieser Erkrankung ist noch nicht vollständig geklärt, jedoch scheint eine Überdosierung des Vitamin D3 im Futter als auch eine Störung des Calcium – Phosphor – Verhältnisses einen fördernden Einfluß auf das Vorkommen dieser Erkrankung zu haben. Die Häufigkeit dieser Erkrankung nimmt mit steigendem Alter zu, so dass man inzwischen von einer Befallsquote von 50%  bei Katzen über 6 Jahren ausgehen kann.
Der Verlauf dieser Erkrankung wird im wesentlichen von Abbauvorgängen der Zahnhartsubstanzen bestimmt, die zumeist im Bereich der Zahnwurzel beginnen und deshalb zunächst äusserlich nicht sichtbar sind.
Im Bereich des Zahnzementes kommt es zu ersten Auflösungserscheinungen durch Odontoklasten. Häufig beginnt dieser Prozeß im Bereich der Schmelz – Zement – Grenze, er kann aber an jedem Punkt des Wurzelzementes seinen Anfang nehmen. Im weiteren Verlauf breitet er sich durch das Zahnbein bis in die Wurzelhöhle aus und führt so zu einer zunehmenden Schädigung des Zahnes. In der Maulhöhle sichtbare Schäden an der Zahnkrone entstehen durch Einbrüche des Zahnschmelzes nach zuvor stattgefundener Aushöhlung der Zahnbeines von der Wurzel her. Der Zahnschmelz selber wird nicht durch die Odontoklasten aufgelöst.
Kleine sichtbare Schäden der Zahnkrone können eine Folge einer bereits weit fortgeschrittenen Auflösung der gesamten Zahnwurzel sein.
Die Diagnose dieser Erkrankung kann durch eine Sichtkontrolle der Maulhöhle alleine deshalb nicht sicher gewährleistet werden. Der eindeutige Nachweis kann nur durch eine Röntgenuntersuchung der verdächtigten Zähne erfolgen.

Kleiner Kronendefekt durch Einbruch der Schmelzplatte im Bereich der seitlichen Wand des linken Unterkiefercaninis.
Am Übergang von Zahnkrone zu Zahnwurzel ( Schmelz – Zement – Grenze) ist ein ca. stecknadelkopfgroßer Defekt mit darin eingewachsenem Zahnfleischgewebe erkennbar. Die Sondenuntersuchung ist deutlich schmerzhaft.
Die durchgeführte Röntgenkontrolle ergab eine fast vollständig aufgelöste Wurzel des betroffenen Caninus!

Die FORL – Erkrankung kann in 2 verschiedene Verlaufsformen ( Typ 1  / Typ 2 ) auftreten, die auch innerhalb eines Patienten und sogar innerhalb eines Zahnes nebeneinander vorkommen können. So kann die vordere Wurzel eines Zahnes die Verlaufsform Typ 1 aufweisen, während die hintere Wurzel des selben Zahnes die Verlaufsform Typ 2 erkennen läßt.

FORL Typ 1

Die Verlaufsform Typ 1 ist durch eine starke entzündliche Komponente gekennzeichnet. Offensichtlich können ursprünglich entzündliche Vorgänge des Zahnhalteappartaes,  z.B. eine Parodontitis, diese Verlaufsform auslösen oder begünstigen. Da die Vitalität des Zahnes bei dieser Erkrankung auch bei weit fortgeschrittenem Verlauf noch vorhanden ist, muß mit einer deutlichen Schmerzhaftigkeit gerechnet werden.

Die entzündlichen Prozesse der FORL Typ 1 Erkrankung erstrecken sich auch auf die die Zähne umgebenden Knochenanteile, so dass es in der Folge zu Knochenabbau mit anschließendem freiliegen der Zahnwurzeln kommen kann. Durch den Abbau des Knochen und dem damit verbundenen Zurückweichen des Zahnfleisches bilden sich oft tiefe Taschen, die ein weiteres hygieniches Problem darstellen, da sich dort Futterreste und Fremdkörper sowie Plaque und Zahnstein anlagern können.

FORL Typ 1
Zwischen dem 4. Vorbackenzahn und dem Reißzahn des linken Unterkiefer hat sich der Kieferknochen weit zurückgebildet. Die vordere Wurzel des Reißzahn liegt fast vollständig frei und weist Auflösungserscheinungen auf.

Durch die fortschreitende Auflösung der Zahnwurzel und Aushöhlung der Zahnkrone verliert der betroffene Zahn immer weiter an Stabilität. Bei geringen Belastungen kann die verbliebene Zahnkrone wegbrechen. Dadurch können scharfe Kanten des Restzahnes und der im Kiefer verbleibenden Wurzelreste entstehen, die zu chronischen Entzündungen führen können. Ebenso können auch die Auflösungsprozesse an den noch verbliebenen Wuzelteilen die Entzündung aufrechterhalten.
Die Therapie der von FORL Typ 1 betroffenen Zähne besteht in der vollständigen Entfernung der Zähne und eventueller Wurzelreste

Röntgenbild Normalbefund
Auf diesem Röntgenbild sind von links nach rechts folgende Zähne des Unterkiefers abgebildet: 1. Molare (1. Backenzahn), vierter Praemolare (4. Vorbackenzahn) und 3. Praemolare ( 3. Vorbackenzahn). Krone und Wurzel sind korrekt ausgebildet, der Kieferknochen umschließt die Wurzeln vollständig.

Röntgenbild bei FORL
Auf diesem Röntgenbild sind deutlich die Veränderungen bei der FOLRL Erkrankung sichtbar. Die Wurzeln des 1. Molar liegen über die Hälfte frei, da der Kieferknochen durch die Entzündung abgebaut wurde. Zudem sind an den Wurzeln bereits Auflösungserscheinungen sichtbar ( FORL Typ 1). Die Zahnkrone des 3. Praemolar ist noch vorhanden, hat aber bereits weitgehend den Kontakt zum Wurzelbereich verloren. Die Wurzeln diese Zahnes sind weitgehend aufgelöst und durch Knochengewebe ersetzt worden (FORL Typ 2). Die Krone steht unmittelbar vor dem Abbrechen.

FORL Typ 2

Bei der Verlaufsform Typ 2 werden die durch Odontoklasten aufgelösten Bereiche der Zahnwurzel durch ein zement – oder knochenähnliches Ersatzgewebe aufgefüllt. Diese Gewebe verschmilzt mit dem die Zahnwurzel umgebenden Kieferknochen, so dass es zu einer stabilen Verbindung der Zahnwurzel mit dem Knochen kommt. Die Strukturen, die den Zahn beweglich mit dem Knochen verbunden haben gehen verloren und können die auf den Zahn einwirkenden Kaudrücke nicht mehr abfedern. Wird der Kaudruck zu groß, brechen die betroffenen Zähne am Übergang der Krone zu den Wurzeln ab.
Auch diese Verlaufsform kann im Verdachtsfall nur mit Hilfe von Röntgenaufnahmen sicher nachgewiesen werden. Dabei können die Zahnwurzeln bei fortgeschrittenem Umbau oft nicht mehr vom Knochengewebe unterschieden werden, der Wurzelverlauf ist nur noch zu erahnen.

Auch hier besteht die Therapie zunächts in der Entfernung der betroffenen Zähne. Durch den Umbauprozess des Wurzelgewebes in knochenähnliches Material mit Verschmelzung des Kieferknochen ist eine vollständige Extraktion der Wurzelteile jedoch teilweise erschwert oder unmöglich. Dann kann auch das Entfernen der Zahnkrone mit belassen der Wurzel im Kieferknochen durchgeführt werden. Dabei wird nach dem Absetzen der Zahnkrone ein Teil der Maulschleimhaut über den verbliebenen Wurzelstumpf genäht. Der Wurzelrest wird in der Folge vollständig aufgelöst und durch knochenähnliches Gewebe ersetzt

Röntgenbild Normalbefund
Das nebenstehende Röntgenbild zeigt die Zähne des Oberkiefer einer Katze. Die Wurzeln der beiden Oberkiefercanini reichen weit in den Kieferknochen hinein, die Zahnwurzel macht ca. 2/3 der Zahnlänge aus. Die Wurzeln können bis zur Wurzelspitze deutlich vom Kieferknochen unterschieden werden.

Röntgenbild FORL Typ 2
Der abgebildete Caninus weist eine weitgehend intakte Zahnkrone mit einer kleinen, punktförmigen dunken Stelle im Bereich der Wurzelhöhle auf. Die Zahnwurzel ist zum größten Teil aufgelöst und durch Knochengewebe ersetzt worden. Eine Wurzelspitze ist nicht mehr erkennbar, der Rest der Zahnwurzel geht faserartig in den Knochen über.
Die kleine punktförmige Veränderung in der Wurzelhöhle des Kronenteil ist durch eine innere Auflösung der Zahnkrone von der Wurzelhöhle aus erklärbar.

Röntgenbild FORL Typ 1 und Typ 2
In dem nebenstehenden Röntgenbild sind 3 Zähne des Unterkiefers abgebildet. Links im Bild ist der 3. Vorbackenzahn zu sehen, der nur noch einen kleinen Restkronenanteil aufweist. Der gesamte Wurzelbereich ist bereits durch Knochenmaterial ersetzt. Dies entspricht der FORL Typ 2 Variante. Der mittlere Zahn ist der 3. Vorbackenzahn, der eine weitgehend intakte Krone und Wurzel aufweist. Der Kieferknochen ist jedoch schon zurückgebildet und hat die Wurzelaufteilung freigelegt. Der rechte Zahn ist der Reißzahn, der ebenfalls eine intakte Krone hat, aber bereits deutliche Auflösungserscheinungen an den
Zahnwurzeln erkennen läßt. Auch hier ist bereits ein deutlicher Knochenabbau sichtbar, die aufgelösten Wurzelanteile werden nicht durch Knochenmaterial ersetzt. Dies entspricht der FORL Typ 1 Variante.

Eine Füllungstherapie der Zähne ist vielfach mit den verschiedensten Materialien versucht worden, zeigt jedoch eine unbefriedigende Erfolgsquote. Die Erklärung liegt darin, das eine Füllung nur im Kronenbereich durchführbar ist, die Erkrankung aber in den meisten Fällen im Wurzelbereich beginnt. Die Defekte der Zahnkrone sind sekundär und entstehen durch Einbruch des Schmelzes in die ausgehöhlten Bereiche. Wird eine Füllung in diesen Bereich gelegt, schreitet die Erkrankung neben der Füllung weiter fort und führt letztendlich zum herausfallen der Füllung

Der Begriff Katzenkaries sollte für diese Erkrankung nicht mehr verwendet werden, da die Abläufe sich von denen einer Karies weitgehend unterscheiden. Bei einer kariösen Erkrankung werden die Zahnhartsubstanzen von Säuren zersetzt. Diese Säuren sind Stoffwechselprodukte von Bakterien, die Bestandteil der Plaque auf den Zahnoberflächen sind. Die Zerstörung der Zähne beginnt im Bereich der Zahnkrone, wo zunächst der Zahnschmelz zerstört wird. Ist die Schmelzplatte einmal durchbrochen, breitet sich Prozeß auch innerhalb des Zahnbein aus und führt zu weitreichenden Zerstörungen