Tierzahnarzt = Kieferchirurg?
Wenn bei einem Menschen eine kieferchirurgische Behandlung notwendig ist, überweist der Hauszahnarzt den Patienten an einen Kieferchirurgen in einer spezialisierten Praxis oder einem Krankenhaus. In der Tierzahnheilkunde umfasst die Spezialisierung des Tierarztes auf das Fachgebiet Zahnheilkunde jedoch auch den chirurgischen Bereich, so dass eine eventuell notwendige kieferchirurgische Weiterbehandlung eines Zahnproblemes in einer Hand bleibt. Diese Situation ist vergleichbar mit der Behandlung eines kieferorthopädischen Patienten, der auch in einer tierzahnheilkundlichen Praxis behandelt wird ( siehe auch Seite Kieferorthopädie)
Kieferchirurgie / Maulhöhlenchirurgie
In den Bereich der Kieferchirurgie gehören zum Beispiel impaktierte und retinierte Zähne. Dies sind Zähne, die beim Zahnwechsel nicht geschoben worden sind und im Kieferknochen verbleiben. Durch diese Fehllagerung kann es zu Störungen des Kieferknochen wie Zystenbildung oder Knochenabbau kommen. Aber auch Beeinträchtigungen von Nachbarzähnen, die in ihrer Blutversorgung oder Zahnbildung gestört werden sind mögliche Folgen. Solche Zähne werden durch Eröffnung des Kieferknochen chirurgisch entfernt. Weitere Indikationen für chirurgische Eingriffe sind Verletzungen des Knochen wie Frakturen, tumoröse Erkrankungen oder die Korrektur von Mißbildungen wie Gaumenspalten. Auch Folgen von Erkrankungen des Zahnhalteeapparates wie der Knochenabbau nach Entzündungen oder die Bildung einer Fistel von entzündeten Zahnwurzeln in die Nasenhöhle oder benachbarte Kopfteile ( Augenhöhle, Nasennebenhöhle) können chirurgische Eingriffe nach sich ziehen. Kieferchirurgie und Maulhöhlenchirugie sind dabei nicht immer klar zu trennen. So kann die Entfernung eines Schleimhauttumors aus dem Bereich der Maulhöhlenchirurgie durchaus auch den darunterliegenden Knochen betreffen und so ebenso dem Bereich Kieferchirurgie zugeordnet werden.
Im folgenden werden beispielhaft einige Patientenbefunde dargestellt, die eine chirurgische Behandlung notwendig machen.
Angeborene Gaumenspalte
Der Patient ist ein 2 Monate alter Dackelwelpe, der durch ein ein verzögertes Größenwachstum und gestörte Futteraufnahme beim Säugen aufgefallen war. Die Milch wurde beim Saugen durch die Gaumenspalte in die Nase gedrückt und lief teilweise durch die Nasenöffnung wieder ab. Die Gaumenspalte wurde operativ verschlossen, der Welpe entwickelte sich in der Folge prächtig.
Zahnwechselstörung
Bei diesem Patienten ist es im Zuge des Zahnwechsel zu einer Entwicklungsstörung des bleibenden Fangzahn des linken Oberkiefer gekommen. Im Milchzahngebiß war die Stellung der Zähne unauffällig, der Hund war für den Zuchteinsatz vorgesehen. Nach dem Ausfall des Milchfangzahnes brach der bleibende Zahn zwar durch, schob sich aber nicht in seine Endposition. Bei der Röntgenkontrolle des Zahnes wurde eine Zystenbildung des den Zahn umschließenden Knochen festgestellt. Der Fangzahn wurde daraufhin durch Eröffnung des Kieferknochen operativ entfernt.
Vor der Behandlung
Im Bereich des linken Oberkiefer hat sich bei diesem Patienten ein bösartiger Tumor gebildet, der bereits zum Ausfall der ersten beiden Vorbackenzähne geführt hat. Neben dem Kieferknochen ist auch das Gaumengewebe und die seitliche Maulschleimhaut betroffen.
Nach der Operation
Der Tumor ist weiträumig entfernt worden. Dabei sind neben dem betroffenen Kieferknochenanteilen und des dritten Vorbackenzahnes auch Teile des Gaumens und der Maulschleimhaut betroffen. Die entstehende Wunde ist durch eine plastische Deckung mit mobilisierter Maulschleimhaut gedeckt worden.
Bei dieser Erkrankung kommt es nach einer anfänglichen Entzündung des Zahnfleisch zu einer Ausbreitung des Prozesses auf den gesamten Zahnhalteapparat. Im weiteren Verlauf sterben ganze Knochenteile des Kiefer ab und werden mit den darin befindlichen Zähnen abgestoßen. Als Ursache werden vererbbare Störungen der lokalen Immunabwehr der Maulhöhle vermutet, die eine Anheftung bestimmter bakterieller Infektionen begünstigen.
Vor der Behandlung
Dieser Patient leidet an einem bösartigen Tumor des linken Oberkieferknochen,der sich auf das Weichteilgewebe ausgebreitet hat
Vor der Behandlung
Die Ausbreitung des Tumor ist hier deutlich sichtbar. Vom dritten Schneidezahn bis zum Reißzahn ( vierter Vorbackenzahn) ist das Gewebe in Mitleidenschaft gezogen. Auch der Gaumen sowie die seitliche Nasenwand sind betroffen
Nach der Behandlung
Der betroffene Kieferknochen mit den darin befindlichen Zähnen ist entfernt worden. Die bei diesem Eingriff eröffnete Nasenhöhle ist durch plastische Chirurgie gedeckt worden
Hier sind die Grenzen der chirurgischen Tumorbehandlung erreicht. Der Tumor bei diesem Patienten ist durch chirurgische Entfernung alleine nicht mehr sicher beherrschbar. Eine Kombination mit einer Strahlentherapie kann in einem solchen Fall noch angestrebt werden. Die Prognose ist aber sicherlich sehr vorsichtig zu stellen.